Das Leben

Während all dieser größeren Ausflüge von denen ich euch hier schon berichtet habe, hat sich hier natürlich auch ein Alltag entwickelt und diverse Dinge haben sich im Leben hier getan.

Man gewöhnt sich hier an einige Dinge die in Deutschland vielleicht undenkbar wären. Ein großes Ding ist da zum Beispiel die hier fehlende Mülltrennung, als einziges werden Plastikflaschen und teils auch Glasmüll extra gesammelt, aber ansonsten kommt alles zusammen. Und glaubt mir, es fühlt sich echt komisch an Batterien in den ganz normalen Müll zu schmeißen in dem auch schimmelige Essensreste, Verpackungen etc. landen, aber man gewöhnt sich irgendwie dran.

Es ist auch erstaunlich, wieviel Wasser hier oft einfach verschwendet wird. Beim Spülen beispielsweise benutzt niemand einen Stöpsel, es wird einfach mit durchlaufendem Wasser gespült. Wir benutzen bei uns zum Glück doch häufiger eine Spülschüssel.

Am unterschiedlichsten ist aber wahrscheinlich das Wochenende hier. Zuerst einmal ist das Wochenende ja von Freitag auf Samstag, also ein Tag früher als Zuhause, was auch immer wieder seltsam ist, wenn mir Freitagabend ein schönes Wochende gewünscht wird und ich schon mittendrin bin etc. Ud dann ist hier, besonders in den jüdichen Bereichen auch wirklich Alles geschlossen. Es fährt nichts an Bussen und Bahnen und Geschäfte haben geschlossen. Bei uns in den ganzen jüdischen Vierteln hier kann man am Samstag über die ganzen großen Kreuzungen laufen, mitten auf der Straße, weil einfach so gut wie kein Auto hier fährt. Man hat also irgendwann ziemlich genau im Blick, wann Shabbat ist, damit man dann ja nicht den Tag irgendwo festhängt oder kein Essen mehr hat.

Ansonsten hat sich bei uns in der WG über die Zeit so einiges verändert: Schon im Dezember ist Swantje, mit der ich ja zusammen hier ankam, aus unserer Organisation raus gewechelt und im Zuge dessen auch aus der Arbeitstelle, wodurch ich seit dem ein Einzelzimmer hatte. Im Februar war Erins Zeit, sie war ohne Organisation als Volontärin hier, vorbei und sie ging wieder zurück nach Deutschland und da unsere Einrichtung für die Arbeit ein weiteres Zimmer braucht, habe ich dann von meinem Zimmer in das gewechselt, in dem Erin bis dahin gewohnt hatte. Das Zimmer ist an sich echt schöner als das vorherige, allerdings ist es eben wirlich ein Kellerzimmer, womit es hier eben noch vel dunkler ist als ohnehin schon in unserer Wohnung.

Ein paar Tage später kam auch schon Lina an. Lina ist jetzt wieder die neue Volontärin die kam, sie ist über's DRK hier für sechs Monate und macht ihr Praxissemester von ihrem Soziale Arbeit-Studium hier und mit ihr teile ich mir jetzt das Zimmer.

Damt haben wir jetzt echt eine schöne Vierer-Mädels-WG und unsere Lieblingsbeschäftigung ist wohl frühstücken gehen, was mit unserem Schichtplan eben die am besten zu vereinbarenste Tageszeit ist.

Meine WG - Ich, Johanna, Jael und Lina an Jaels Geburtstag
Meine WG - Ich, Johanna, Jael und Lina an Jaels Geburtstag
Meine Ecke im neuen Zimmer unter der Erde
Meine Ecke im neuen Zimmer unter der Erde


Auch von Jerusalem gibt es immer mehr Orte und Dinge, die ich erkunde und sehe. Einzelne freie Tage eignen sich gut für soetwas. So war ich an einem Tag beispielsweise im Israelmuseum mit Johanna zusamen, oder inzwischen noch einmal auf dem Tempelberg als ein paar Freunde aus Haifa und Petach Tikvah in der Stadt waren und diesen noch besuchen wollten.

Bei uns hinter den gegenüberliegenden Häusern der Straße ist auch ein kleines Stück Wäldchen und es gibt verschiedene schöne Anblicke an Gebäuden hier auf einigen Wegen durch die Stadt, die ich gerne mit euch teielen möchte:


Was auch ein Thema ist, über das man wohl berichten sollte, sind verschiedene Feste.

Anfang März war Purim. Dieses Fest geht auf die Geschehnisse im Buch Esther aus der Bibel zurück und wird sehr ausgelassen gefeiert. Es ist die einzige Zeit im Jahr, in der sich sogar die ganzen Ultra-Orthodoxen Juden, also die aus unserem Viertel, betrinken, was dann für uns doch auch ein sehr amüsantes Schauspiel war. Was aber echt beindrckend war, ist wie breit dieses Fest eben in allen Gesellschaftsschichten verbreitet ist und gefeiert wird. Man sah nämlich wirklich alle Leute verkleidet in  den Straßen und auch als ich am Samstag im Gottesdienst war, waren alle verkleidet, ganz besonders die Erwachsenen. Während des Lobpreises standen beispielsweise plötzlich Obama und Trump vorne im Arm miteinander und tanzten zusammen, was echt ein witziger Anblick war.

Auch auf unserer Arbeit feierten wir Purim. Dafür hatten wir schon in der Zeit vorher für die Friends Kostüme gebastelt und fuhren dann an einem Abend mit unseren Friends in ein anderes Hostel hier in Jerusalem und feierten dann mit deren und unseren Friends Purim. Das war ein wirklich witziger Abend, die Friends so  verkleidet zu sehen und auch, wie sie auf diesen ganzen Trubel reagierten. Einige waren einfach richtig aufgedreht und fröhlich, es gab haufenweise Pizza, Süßigkeiten und Saft für sie, aber es gab auch einige die von diesen vielen Menschen um sie rum nicht so begeistert waren und dann doch relativ bald die Lust verloren. Für uns Volontäre gab es auch eine Kleinigkeit: Wir bekamen ein großes Gefäß voller Schokolade geschenkt.

Das nächste Fest war Pessach, welches dieses Jahr genau auf die Osterzeit fiel, welche dieses Jahr wiederum auch von allen großen christlichen Konfessionen auf's selbe Datum fiel. Es war also echt viel los in der Stadt zu dieser Zeit.

An Pessach wird der Auszug des Volkes Israel aus Ägypten gefeiert. Und da die Israeliten ja damals keine Zeit hatten, gesäuertes Brot zu backen, gibt es auch heute zu dieser Zeit kein solches. Allerdings sind diese Regeln, was an Pessach erlaubt ist, heute noch ein wenig schärfer: Jegliches  Getreide, welches länger als 18 Minuten mit Wasser in Berührung kommt und dabei dann eben aufgeht ist an Pessach verboten, also sind auch Nudeln beispielsweise Verboten, oder Haferflocken und diverses andere Zeug an das Unsereiner im ersten Moment überhaupt nicht denken würde. Es gibt für einiges davon sogar Ersatzprodukte, so dass man nicht nur Matzen essen muss. Es gibt zum Beispiel Nudeln die aus Reis hergestellt werden oder sogar Brot, welches nach Aussagen eines meiner Worker hier allerdings nicht sonderlich gut schmeckt.

Am Sederabend, also dem ersten Abend von Pessach waren wir in unsere Gemeinde, der Jerusalem Assembly, eingeladen. Hier waren Jael und ich und konnten so in dieser großen Gemeinschaft, an einem Tisch mit mehreren messianischen Juden sehr viel über dieses Fest und seine Bedeutung und Traditionen sowie die Verbindung dieser ganzen alttestamentlichen Geschichte mit Jesus und dem neutestamentlichen Ostern erfahren.

Pessach ging eine gute Woche lang, von der der erste und der letzte Tag wie ein Shabbat (also von Sonnenuntergang bis Sonnenuntergang) auch komplett frei waren, aber dazwischen war alles, was Verkehr und Geschäfte anging recht normal, außer eben den abgeklebten Regalen im Supermarkt, in denen die nicht-koscheren Dinge standen. Die Friends hatten in dieser Zeit komplett frei, wodurch unsere Schichten diese gesamte Woche wie am Wochende aussah. Allerdings war dann doch für etwas mehr Abwechslung gesorgt, beispielsweise durch einen Ausflug in die derzeit noch grüne Wüste.

Aber auch von Ostern spürte ich in der Zeit ein wenig. Am Karfreitag war ich mit meinen WG-Mädels im Österreichischen Hospiz und da es eben eine katholische Einrichtung ist, gab es dort an diesem Tag nur Karottenkuchen zu essen und nicht den erhofften Apfelstrudel. Der Kuchen war dennoch sehr lecker und das Erlebnis an diesem Tag in der Altstadt zu sein war auch einiges Wert, auch wenn wir nicht direkt bei der Grabeskirche waren, da das uns dann doch etwas zu viel an Menschenmenge gewesen wäre.

Am Ostersonntag sind wir dann früh aufgestanden. Wir gingen zum Gartengrab wo ein Sonnenaufgangsgottesdienst abgehalten wurde und danach hatten wir ein schönes Osterfrühstück zusamen, mit im arabischen Viertel gekauftem Brot und von Jael selbstgebackenem Hefezopf.

Durch den Geburtstag meiner Mitbewohnerin Jael am Montag hatten wir ein dekoriertes Haus und eine schöne Feier an diesem Tag und konnten diese Zeit dann noch mit einem Spaziergang zur Universität, von der aus man einen grandiosen Ausblick über die Stadt hat, geniesen.

Eine Woche nach Pessach begann dann eine ganz andere Reihe von Feiertagen, die mit der jüngeren Geschichte des Landes und Volkes zu tun haben: Als erstes kamen, mit einer Woche Abstand die beiden Gedenktage "Yom HaShoah" und "Yom HaZikaron", der Erste der Gedenktag für die Opfer des Holocaust und Zweiterer für die gefallenen Soldaten und Terroropfer. An diesen Tagen gab es immer Sirenen um die landesweiten Schweigeminuten zu signalisieren. Am Shoahgedenktag eine um zehn Uhr morgens und am anderen eine um acht Uhr am Vorabend und um elf Uhr morgens. Mein Mitvolontär Erik hat die am Yom HaShoah in Petach Tikvah gefilmt. Wen das interessiert, der kann sich das ganze gerne hier anschauen, es ist echt sehenswert, denn so verhält sich zu diesen Zeitpukten in etwa das ganze Land.

Direkt auf den Yom HaZikaron folgt dann der "Yom Ha Atzmaut", der Unabhängigkeitstag. An diesem Tag wird richtig gefeiert. Das ist besonders krass, da dieser Tag, wie alle Feiertage hier eben auch mit dem Vorabend beginnt und an diesem Tag ja erstmal noch alles trauert. Am Abend ist dann allerdings ausgelassene Stimmung überall, auf den Straßen wird gefeiert, alles ist dekoriert mit Israelflaggen und in blau-weiß und ein großes Feuerwerk wird veranstaltet (was hier ja nichteinmal an Silvester gemacht wird).

Den Tag sind dann die meisten Am Picknicken in irgendeinem Park, es fliegen Flugzeuge in Formation mit Kondenzstreifen in den Nationalfarben - wie eigentlich alles in diesen Tagen in Nationalfarben ist - und alles hat nur sehr spärlich offen.

Bei einer Gedenkveranstaltung auf de Rathausplatz, die Fahnen sind auf Habmast
Bei einer Gedenkveranstaltung auf de Rathausplatz, die Fahnen sind auf Habmast

Und auch das Volontärsein selber bringt seine ganz besonderen Momente mit sich.

Es ist echt schön, wieviel Anerkennng man dafür bekommt, besonders als Deutscher, hier ins Land gekommen zu sein um hier zu dienen und dieses Land kennen zu lernen. Und das auf eine Art und Weise, wie man das als Tourist niemals könnte.

Ende Februar gab es eine Verantaltung zur Ehrung der Volontäre, bei der uns allen ein besonderer Dank Ausgesprochen wurde. Es wurden verschiedenste Projekte vorgestellt und Reden gehalten.

Und nun war ja vor ein paar Tagen der deutsche Bundespräsident im Land. Am Montagabend bekam ich dann tatsächlich die Möglichkeit ihn zu treffen. Am Montagabend hielt er mit seiner Frau zusammen im Deutschen Hospiz einen Empfang ab, zu dem unter anderem die ganzen deutschen Volontäre im Land geladen waren - das ließ sich natürlich kaum einer entgehen. Am Montag hieß es dann also, sich schick anziehen und dann waren wir auf diesem Empfang, trafen einen Haufen Leute wieder, die man in der ganzen Zeit hier schon mal getroffen hatte und mehr oder weniger gut  zuordnen konnte, es gab Häppchen und Getränke und dann kam der Präsident auf die Bühne. Er hielt eine kurze, knackige Rede und nahm sich dann einige Zeit um eben mit den Anwesenden ein paar Worte zu wechseln und Fotos zu machen. Ein wirklich beeindruckender und auch irgendwie unwirklicher Moment, wenn man plötzlich diese Person, die man sich in der eigenen kleinen Realität viel eher als Wachsfigur vorstellen könnte, direkt vor und neben sich stehen hat.


Nun seid ihr also auch was das angeht wieder auf einem aktuellen Stand, danke für all eure Unterstützung dafür!

Bis zum nächsten Mal, seid gesegnet!

Eva

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