Am Freitag den 25. November habe ich auf eine besondere Art und Weise den Shabbatabend erlebt.
Mit einigen Leuten aus dem Frenchhospital und meiner Mitbewohnerin Swantje bin ich am Freitagabend zu einer Familie gegangen, die jeden Shabbat mit bis zu 200 Leuten feiern.
Schon auf dem Weg dorthin trafen wir einen Menschen mit dem wir ein sehr interessantes Gespräch über jüdisches (orthodoxes) Leben und die Unterschiede davon zu unserem westlichen Leben hatten.
Bei diesem Essen konnten wir dann einige dieser Dinge dann Hautnah erleben: Erst einmal mussten Männer und Frauen an getrennten Tischen sitzen, was die Platzverteilung bei der Menge an Leuten und auf dem begrenzten Raum noch erheblich mehr einschränkte ... Was bei der Kälte die hier in Jerusalem derzeit herrscht allerdings gar nicht so schlimm war. es wurden Stühle gerückt, Tische verschoben und manche Tische nochmal komplett umbesetzt, da dann doch nochmal mehr Frauen kamen, bis endlich jeder ein kleines Fleckchen Platz hatte.
Dann wurden alle Menschen begrüßt, es wurden kleine Büchlein verteilt, in denen die Liedgebete mit zu lesen waren und es begann mit einem dieser Lieder. Dann wurde der "Wein" (es gab nur Traubensaft) gesegnet, wozu jeder aufstand und danach folgte die Thoralesung mit einer Auslegung und dann kam es zur Handwaschung. Hierzu wurden Schüsseln und Krüge mit Wasser durch die Tische gegeben. Danach wurde das Brot "Challah" gesegnet und verteilt, und das richtige Essen begann.
Zu dem Challah wurde Salat rumgegeben und "gefüllter Fisch" (der allerdings nicht wirklich gefüllter Fisch war, was genau konnte ich aber nicht herausfinden, irgendeine jiddische Spezialität) das war aber erst die Vorspeise. Zwischen den verschiedenen Gängen wurden immer wieder Lieder gesungen, und dann wurden die Gäste gebeten, selber etwas zu lehren. Von jedem Tisch sollte einer aufstehen und am besten etwas passendes zur Thoralesung und deren Auslegung sagen, es kamen aber auch andere Dinge dabei heraus, auf jeden Fall waren es sehr interessante Gedanken.
Der Salat war erst die Vorspeise, danach folgte eine Suppe mit viel Fleisch und Gemüse darin, als Hauptgang gab es eine Art festgepresster Nudelauflauf in salzig und süß als Beilage zu gebratenem Hühnchen und zuletzt noch Nachtisch: Schokokuchen, Schokolade und mit einer süßen Creme gefüllte Schokokekse.
Also alles in allem ein richtiges Festessen!
Hinterher sprach der Gastgeber noch eine Einladung zu den anderen Shabbatessen am Samstag aus und dann löste sich die Versammlung auf.
Auf dem Heimweg ereignete sich dann das wirkliche "Shabbatwunder" aus der Überschrift:
Ich war gerade auf de Weg durch unser jüdisches Viertel, als mich eine Frau ansprach die aus einem der Häuser dort kam. Sie fragte mich ob ich Englisch spreche und dann ob ich jüdisch sei. Als ich die Zweite Frage verneinte war sie sehr erfreut und erzählte mir von einem Lichtschalter den sie leider vergessen hatte aus zu machen vor Shabbatbeginn, ich sagte ich würde ihr gerne dabei helfen können. Sie bat mich also in die Wohnung, versicherte sich noch einmal, dass ich auch wirklich sicher sei nicht jüdisch zu sein und ich betätigte den Lichtschalter. Als ich diese Heldentat vollbracht hatte, öffnete sie eine Schranktür, sagte sie dürfe leider kein Geld anfassen an einem Shabbat, aber ich solle mir doch etwas nehmen, aber das wollte ich nicht annehmen. Sie überlegte was sie mir sonst dafür geben könnte und gab mir schließlich Essen mit (Essen! Jeder mag doch Essen! - so ihre Worte). Sie und ihr Mann betonten, dass es wirklich ein kleines Wunder war, dass sie mich so schnell getroffen hatte, sie hätte noch Stunden laufen können ohne jemanden zu finden, der ihnen helfen könnte immerhin war das ja mitten in einem strengen orthodoxen jüdischen Viertel!
Ich erzählte auch ein bisschen davon, wie es überhaupt dazu kommt, dass ich gerade hier bin, was meine Arbeit hier ist und wieso ich das tue, was sie beeindruckte.
Am Ende entließ sie mich wieder aus ihrer Wohnung, sehr dankbar für meine Hilfe und mit den besten Wünschen für meine weitere Zeit hier. Und ich war überwältigt, von Gottes Volk und seinen Wegen um solche schönen Begegnungen zustande kommen zu lassen. Es war wirklich ein kleines Wunder, für uns beide. Ich hätte ein par Minuten früher oder später loslaufen können, oder einen anderen Weg nehmen können, aber ich kam genau in dem Moment an diesem Haus vorbei, als sie es verließ. Ich bewundere diese Menschen, wie sie sich an all diese Regeln halten und bin irgendwo auch erleichtert die Freiheit zu haben, dass nicht tun zu müssen.
Das Gebäck das sie mir mit gab war auf jeden Fall sehr lecker, und das obwohl ich schon vorher so satt war von dem schönen Shabbatessen.
Ich bin wirklich froh, hier sein zu können um solche verschiedenen Dinge erleben zu können.
Gott segne euch! Bis zum nächsten Mal,
eure immer noch beeindruckte Eva! :D
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